Neuroleptika sind Antipsychotika (engl. major tranquilizers), die als
Psychopharmaka mit antipsychotischer, sedierender und psychomotorisch
dämpfender Wirkung vor allen während akut manischer Episoden eingesetzt
werden. Hochpotente klassische Neuroleptika blockieren die
Dopamin-Rezeptoren relativ stark. Als Nebenwirkung hemmen sie auch
Nervenleitsysteme, die nicht für die Psychose verantwortlich sind, sondern
die Beweglichkeit der Muskulatur steuern. Die sogenannten Parkinsonsyptome
(Schüttellähmung) sind die Folge. Eine Frühdys- kinesie kann sich Nach dem
Beginn der Behandlung in Form unfreiwilliger, abnormer Bewegungen im Kopf-,
Hals- und Schulterbereich bemerkbar machen. Nach Wochen bis Monaten der
behandlung sind Symptome einer Parkinsonschen Erkrankung o der eine
Akathisie (motorische Unruhe) möglich. Spätdyskinesien werden bei längerer
Einnahme auftreten.
Neuroleptika werden eingeteilt in:
Hochpotente Neuroleptika: Haldol ®, Fluanxol ®,
Imap ®, Dapotum ®, Lyogen ®, und Glianimon ®.
Mittelpotente und niederpotente Neuroleptika: z.
B. Taxilan ®, Truxal ®, Melleril ®, Ciatyl ®, Atosil ® und Neurocil ®.
Atypische Neuroleptika: dazu zählt man Risperdal
®, Zyprexa ®, Serdolect ®, Dogmatil ®, Solian ®, Zeldox ®, Orap ®, Eunerpan
®, Nipolept ®.
Leponex® hat eine Sonderstellung. Es wirkt sehr
gut antipsychotisch und hat keine Nebenwirkungen auf die Muskelspannung, im
Gegensatz zu den hochpotenten Neuroleptika.
Das Haupteinsatzgebiet der Neuroleptika liegt in
der Behandlung von Schizophrenien und Manien. Daneben gibt man sie bei
anderen wahnhaften Zuständen, bei starken Erregungszuständen und als
angstlösende, beruhigende und schlafanstoßende Mittel. Die Neuroleptika
sollen hierbei den normalen Gesundheitszustand wiederherstellen und nicht
etwa, wie häufig geglaubt wird, einfach "dämpfend" wirken. In Kombination
mit Schmerzmitteln werden sie zur Behandlung bestimmter Schmerzzustände
eingesetzt. Nur am Rande erwähnt sei ihr Einsatz in der Narkosemedizin und
der Behandlung von Migräne und Reisekrankheit.
In der Psychiatrie lassen sich prinzipiell zwei
Gruppen von Wirkungen der Neuroleptika unterscheiden: Schnell wirken
Neuroleptika beruhigend, angstlösend und schlafanstoßend. Werden
Neuroleptika über einen längeren Zeitraum (Tage bis Wochen) gegeben,
entfaltet sich eine gezielte Wirkung gegen psychotische Symptome wie Wahn,
Halluzinationen, Denk- und Gefühlsstörungen.
Während die schnellen Wirkungen wohl eine direkte Folge der Neuroleptika
sind, lassen sich die später einsetzenden Wirkungen eher durch eine
Verschiebung der Gleichgewichtszustände der verschiedenen Botenstoffsysteme
im Gehirn erklären. Die letztendliche Wirkungsweise der Neuroleptika ist
nicht geklärt, man nimmt allgemein an, dass sie mit der mit einer
Verminderung der Aktivität derjenigen Nervenzellen zusammenhängt, die den
Botenstoff Dopamin verwenden.
Man unterscheidet die Neuroleptika anhand ihrer "antipsychotischen Potenz",
d.h. Mittel, die eher beruhigend und schlafanstoßend wirken werden
"niederpotent" und mehr antipsychotisch wirkende Mittel werden "hochpotent"
genannt. Ein typisches "hochpotentes" Mittel ist z.B. Haldol®, ein typisches
"niederpotentes" Eunerpan®. Man kann die Neuroleptika auch in sogenannte
"typische" und "atypische" Neuroleptika einteilen. Unter typisch zählt man
hierbei die "Standardmedikamente" wie z.B. Haldol® und Glianimon®, atypisch
nennt man diejenigen Medikamente, die eine gute Wirkung gegen die Psychose
mit weniger körperlichen Nebenwirkungen wie Bewegungsstörungen verbinden. Zu
Ihnen gehören z.B. Leponex® und einige neue Entwicklungen wie Zyprexa® und
Risperdal®.
Insgesamt sind Neuroleptika relativ gut
verträgliche Medikamente, die zwar eine Reihe von unangenehmen, aber kaum
wirklich gefährliche, d.h. lebensbedrohliche Nebenwirkungen haben; eine
Ausnahme stellt hier z.B. das Leponex® dar, das in einem deutlich höheren
(aber immer noch kleinen) Prozentsatz als andere Neuroleptika zu schweren
Störungen des Blutbildes führen kann und bei dessen Verwendung daher
regelmäßige Blutbildkontrollen durchgeführt werden müssen.
Die häufigsten Nebenwirkungen der "typischen" (hochpotenten) Neuroleptika
betreffen die Beweglichkeit des Patienten. Schon in den ersten
Behandlungstagen können Reizerscheinungen wie Zungen- oder Blickkrämpfe
auftreten, die sich jedoch prompt durch die Gabe von bestimmten
Arzneimitteln (wie Akineton®) unterbrechen lassen. Nach Wochen der
Behandlung kann sich eine verminderte Beweglichkeit ausprägen, die einem
Parkinsonsyndrom ähnelt. Sollte so ein Zustand auftreten, muss man, wenn er
sich auf die Gabe von Mitteln wie Akineton® nicht ausreichend bessert, evtl.
die Dosis reduzieren oder ein anderes Neuroleptikum wählen. Auch kann eine
körperliche Unruhe auftreten, der man am besten mit einer Dosisreduktion
oder der Gabe von Betarezeptorenblockern wie Dociton® begegnet. All diese
Nebenwirkungen verschwinden wieder, wenn das Medikament ausreichend
vermindert oder abgesetzt werden kann. Es können jedoch nach längerer
Einnahme von Neuroleptika auch Spätdyskinesien (d.h. späte
Bewegungsstörungen auftreten), die sich z.B. in unwillkürlichen Bewegungen
von Mund, Zunge oder Extremitäten äußern können. Diese können über längere
Zeit, manchmal auch auf Dauer bestehen bleiben. Sollten solche Störungen
auftreten, wird neben einer speziellen Therapie ein vorsichtiges (aber nicht
abruptes) Absetzen des Neuroleptikums empfohlen.
Auch psychische Nebenwirkungen können auftreten; dazu zählen Müdigkeit,
Antriebsmangel, Einengung der Gefühle und des Denkens und Misslaunigkeit.
Eine Abgrenzung zu den Symptomen der behandelten Krankheit kann schwer
fallen, manchmal wird wohl auch den Neuroleptika zu schnell die "Schuld" für
ungewünschte psychische Zustände gegeben. Gleichwohl muss man diese
Nebenwirkungen schnell erkennen und z.B., wenn möglich, mit einer
Verminderung der Dosis oder einem Wechsel des Medikamentes reagieren. Dies
ist um so wichtiger da die Betroffenen unter diesen "von außen" häufig nur
schwer beulteilbaren Nebenwirkungen subjektiv deutlich leiden können. Geht
man nicht ausreichend auf sie ein, fühlen sie sich (zu Recht) im Stich
gelassen und setzen die für sie wichtigen Medikamente vielleicht ganz ab.
Neuroleptika verschlechtern die Reaktionsfähigkeit und damit z.B. die
Fähigkeit, Auto zu fahren.
Extrem selten kann eine lebensgefährliche Komplikation, das sogenannte
"maligne neuroleptische Syndrom" auftreten. Es ist gekennzeichnet durch
Fieber, Bewusstseinsstörungen, Muskelstarre und Veränderungen der
Körperregulation und des Stoffwechsels. Andere mögliche Nebenwirkungen wie
Verstopfung, Speichelfluss (oder auch Mundtrockenheit), Blutdrucksenkung,
Blasenentleerungs-störungen, Milchfluss ,Allergien und die seltenen
Blutbildstörungen möchte ich nur streifen.
Zu weiteren Risiken und Nebenwirkungen "beachten Sie die Packungsbeilage und
sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker".
Eine neuroleptische Behandlung hat, wie jede
Therapie mit einem wirksamen Arzneimittel, das Risiko von unerwünschten
Nebenwirkungen. Bei schweren Krankheitsbildern muss häufig ein gewisses Maß
an unerwünschten Wirkungen zumindestens während der akuten Phase in Kauf
genommen werden. Aber auch das unterscheidet die Neuroleptika nicht von
anderen Medikamenten. Ganz wichtig ist, dass man die Betroffenen über die
möglichen Nebenwirkungen aufklärt und mit ihnen zusammen versucht, eine
optimale Wirkung bei möglichst geringen Nebenwirkungen zu finden.
Neuroleptika können wohl z.B. Müdigkeit oder Interessenverlust hervorrufen,
aber nicht die Persönlichkeit bleibend verändern. Sie rufen keine
Abhängigkeit hervor. Die Entdeckung der Neuroleptika im Jahre 1952 führte
dazu, dass erstmals Mittel mit einer gezielten antipsychotischen Wirkung zur
Verfügung standen. Durch sie können viele Menschen, die ansonsten über kurz
oder lang aus der Gesellschaft "herausfielen" wieder ein "normales" Leben
führen. Bei der Diskussion um die Verwendung von Neuroleptika muss auch
beachtet werden, dass z.B. die Schizophrenie eine Erkrankung ist, die mit
einer Sterblichkeit von 5-10% (durch Selbsttötung), eine ernsthafte
Gefährdung für das Leben mit sich bringt und daher unbedingt behandelt
gehört. Gerade aber in der Behandlung der Schizophrenie sind Neuroleptika
unersetzlich.
Außer dem falschen Ruf der Neuroleptika belasten 2 Probleme den Umgang mit
diesen Mitteln. Erstens können, wie oben erwähnt, schon in der ersten Zeit
der Behandlung unangenehme, wenn auch zumeist nicht gefährliche
Nebenwirkungen auftreten. Diese können besonders bei nicht genügend
aufgeklärten und/oder nicht einsichtsfähigen Patienten zu Angst und einer
Ablehnung der Medikamente führen, so dass sie die Mittel wieder absetzen.
Zum anderen können nach jahre- bis jahrzehntelangen Gebrauch späte
Bewegungsstörungen auftreten, die evtl. einer Therapie nicht ausreichend
zugänglich sind (auch hier ist übrigens das eingangs gescholtene Leponex®
eine Ausnahme; unter diesem Medikament treten praktisch keine
Spätdyskinesien auf). Eine Langzeitbehandlung gerade mit klassischen (also
"typischen") Neuroleptika muss daher gut überlegt werden. Für die heute
empfohlene vorbeugende Behandlung über mehrere Jahre nach einer
schizophrenen Episode spricht, dass diese das ansonsten hohe Rückfallrisiko
mit allen seinen Konsequenzen ganz entscheidend verringern kann.
Die pharmazeutische Forschung zielt schon seit Jahren darauf ab,
Neuroleptika auf den Markt zu bringen, die weniger Nebenwirkungen
verursachen. Als Folge davon wurden in den letzten Jahren eine ganze Reihe
von "atypischen" Neuroleptika neu eingeführt, die insgesammt deutlich besser
verträglich zu sein scheinen, insbesondere deutlich weniger
Bewegungsstörungen verursachen als die klassischen Medikamente. Bei
schweren, akuten Krankheitsbildern haben sie aber manchmal keine
ausreichende Wirkung. Ein weiteres Problem ist, das sie sehr viel teurer
sind als die herkömmlichen Medikamente. Das wird sich jedoch hoffentlich in
einigen Jahren, wenn mehr Konkurrenz auf diesem Markt herrscht, von selbst
geben.
Insgesamt betrachtet sind Neuroleptika wirksame Medikamente, für die es in
vielen Bereichen keine Alternative gibt. Sie müssen jedoch
verantwortungsbewusst angewendet werden. Die Betroffenen müssen über ihre
Nebenwirkungen aufgeklärt werden und der behandelnde Arzt muss auf das
Auftreten von Nebenwirkungen reagieren und mit dem Patienten zusammen einen
Weg der geringsten Nachteile mit größtmöglicher Wirkung suchen.
Näheres zu Dosierung, Behandlungsindikation,
Nebenwirkungen, Gegenanzeigen (Kontraindikation), Wirkungsweise,
Wechselwirkungen (mit anderen Medikamenten) der einzelnen Neuroleptika
finden sie auf der Seite:
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