DGBS Jahrestagung/ Bochum 2007

   
 

Workshop 8 beim 7. Jahrestreffen der DGBS in der Ruhr-Universität Bochum
Sa., 22.09.2007, 9.30 Uhr - 11.00 Uhr – Saal 1 (mehr als 30 Teilnehmer)

- Handout für interessierte Teilnehmer -

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Erfahrungsberichte / Erfahrungsaustausch zur Krisenvorbeugung und -bewältigung

 

Möglichkeiten und Grenzen einer Selbsthilfegruppe aus der Sicht von Angehörigen, bipolar Erfahrenen und Professionellen

 

Begrüßung

Impuls – Präsentation (ca. 10 Minuten)

Erfahrungsaustausch und Diskussion  (ca. 1 Stunde)

Zusammenfassung und Feedback (entfiel aus Zeitmangel)

Anwesenheitsliste für Interessierte an einem Handout

 

Gründe zur Teilnahme in einer Selbsthilfegruppe für Angehörige

 

Den Erkrankten, wie er sich verhält, verstehen lernen, um so die Häufigkeit von Partner-

   bzw. Familienkonflikten zu vermindern.

Verständnis erfahrener Angehöriger finden, worüber ich spreche.

Das Gefühl haben, sofort verstanden zu werden

Die Äußerung von (belastenden) Gefühlen (z. B. Abneigung, Angst, Ärger, Burn-Out,

  Freude, Gleichgültigkeit, Hass, Hilflosigkeit, Liebe,  Scham, Schuld, Trauer, Wut

  Zufriedenheit.. )

Sich Spiegeln lassen oder Spiegeln (Feedback)

Erfahrung machen, nicht allein zu sein

Erfahrungsaustausch und gegenseitige Unterstützung

Abgrenzung ohne Schuldgefühle lernen

Gewissheit, der Krankheit nicht hilflos ausgeliefert zu sein

Entwicklung zum „Co-Therapeuten“, um Patienten Mut zu machen und sie zu unterstützen

 

Möglichkeiten und Grenzen einer SHG aus der Sicht Betroffener
 

Grundpfeiler des Erfahrungsaustauschs sind „Blitzlicht“ und Aussprache

Experte werden in eigener Sache durch Psychoedukation

Rückfällen vorbeugen durch Tagesstruktur, Stressvermeidung und individuelles

   Frühwarnsystem, gesunden Schlaf, Teilnahme am sozialen Leben

Wegweiser auf dem Weg zur Gesundung

 

Psychoedukation – Themen

 

Vulnerabilitäts- Stress-Modell

Frühwarnsymptome

Biologische Rhythmen – Tagesstruktur – Tagesprotokoll – Life Chart

Planung von Aktivitäten

Umgang mit Stress

Kognition

Kommunikation

Suizidalität - Vorbeugung -

 

Vulnerabilitäts- Stress-Modell (nach Bräunig – Wagner) und Ansätze zur erfolgreichen Behandlung:

Trias aus Medikamenten, Therapie und Selbsthilfe (gesunder Lebensstil)

Psychosoziale Hilfen durch Angehörige und Freunde sowie Selbsthilfegruppen gewähren soziale Unterstützung durch

Gespräche unter Gleichen

Informationen (Experte in eigener Sache werden

 

Nach in- und ausländischen Untersuchungen führt dies zu Kostenersparnissen im Gesundheitswesen durch

weniger Einweisungen in Kliniken

kürzere Verweildauern

bessere Zusammenarbeit der Beteiligten

 

Prävention bipolarer Störungen

Primär: nicht möglich, Ursachen der Erkrankung nicht bekannt

Sekundär: Risikofaktoren für Episoden

 

hier: bei Erkennen von Prodromal- und Frühwarnsymptomen – Gegensteuern Verhaltens-änderung wie z.B. bei Bluthochdruck, Tabakkonsum, Cholesterinspiegel, Übergewicht, Alkohol und Bewegungsarmut dringlich (Gesünder durch Ernährung und Bewegung)

Tertiär: Rehabilitation bei chronischer Erkrankung

Linderung der Krankheitsfolgen:

 

 

Gesundheitsschädigung (impairment)

 

Fähigkeitsstörung (disability)

 

Beeinträchtigung (handicap)

Ziele:

Krankheitsbewältigung (Coping)

 

Sinnfindung (benefit finding)

 

sozialen Status - möglichst – erhalten

 

Krisenbewältigung

 

Notfallpass

Notfallplan (z. B. mit Partner aufstellen und regelmäßig aktualisieren):

Nothilfe-Nummern

Hilfe holen bei Familie und Freunden

Arzt – Institutsambulanz – Klinik

Entlastung suchen

Auszeit nehmen (Krankheit, Urlaub, Kur)

Behandlungsverfügung und Vollmacht

 

Aussprache zum Thema (Ergebnis in Kurzform):

 

Die sich anschließende Aussprache war lebhaft und in einigen Passagen kontrovers, z. B. bei den Plädoyers für getrennte Selbsthilfegruppen für Angehörige und bipolar Erfahrene sowie der Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit. Nach Ansicht des Unterzeichners waren einige Diskussionsbeiträge nicht immer hart am Thema des Workshops. Ich übertreibe mal wieder, wie immer, maßlos. In Dortmund existiert eine mehr ärztlich oder von Fachpersonal moderierte Selbsthilfegruppe mit Anbindung an das Krankenhaus, Räume werden zu Verfügung gestellt. Es wurde u. a. berichtet, eine Selbsthilfegruppe zu gründen, zu einer Selbsthilfegruppe im Nachbarort Kontakt aufzunehmen, weil dies in der örtlichen Gruppe wegen beruflicher Tätigkeit nicht möglich ist.

 

Die Bereitschaft zum Besuch einer SHG im ländlichen Raum ist wegen der Stigmatisierung deutlich geringer als in Ballungsräumen, in denen sogar eine Auswahl- und Vergleichs-möglichkeit besteht. Aus Göppingen wurde berichtet, dass sich eine Gruppe aus 5 Personen aufgelöst hat, deren Mitglieder aber regelmäßigen telefonischen Kontakt halten und miteinander befreundet sind. Aus dem Mainzer Raum wurde vorgetragen, dass es zu zahlreichen telefonischen Anfragen ohne Besuchskontakte in der Gruppe und persönlichen Hilfestellungen z. B. durch Begleitung zum Arzt oder gemeinsamen Behördengängen kommt. Es wurde über die Schwierigkeit der Gruppengründung, die Instabilitäten der Gruppen durch häufigen Wechsel der Teilnehmer, die unterschiedlichen Strukturen (lose Gruppen, nicht eingetragene Vereine, e. V.’s, Muster-Satzungen zur Freistellung von der Körperschafts-steuer durch Bescheid des Finanzamt als gemeinnützig) hingewiesen.

 

Die Unterschiede bei der Vorbereitung und Durchführung der Gruppentreffen (Tagesordnung, Moderation, Themen usw.) wurden vorgetragen. Externe Referenten werden gelegentlich mit oder ohne Honorar zu den Treffen eingeladen. Die Häufigkeit der Gruppentreffen ist unterschiedlich: wöchentlich, alle 14 Tage oder einmal im Monat. In einigen Gruppen halten die Mitglieder in der Zeit zwischen den Treffen durch Austausch der Telefonnummern Kontakt untereinander und stärken sich gegenseitig, z. B. in depressiven Phasen. Abschließend wurde noch einmal betont, wie schwierig es ist, das vorhandene Potential Angehöriger und Betroffener über die Existenz von Selbsthilfegruppen zu informieren und als Zielgruppen zu erreichen. Mittlerweile gibt es vor allem durch die Initiative der DGBS und des BSNe e. V. rund 70 bipolare Selbsthilfegruppen, die auf den Webseiten der DGBS und des BSNe e. V. gelistet sind:

 

http://www.dgbs.de/selbsthilfegruppen.php

 

http://bsne.de/selbsthilfegruppen.php

 

Wichtig ist auch die Information der psychiatrischen Abteilungen und der Fach- und Hausärzte durch persönliche Kontakte und Auslage von Flyern und sonstigem Informationsmaterial. Es wurde deutlich, dass vielen Hilfesuchenden durch ihre geringen Einkünfte, z. B. Hartz IV oder Erwerbsminderungsrente, der Zugang zum Internet und damit jederzeit abrufbare Informationen ver- schlossen sind. Es ist häufig schwierig, Artikel in der örtlichen Tagespresse zu veröffentlichen, bei kostenlosen Stadtteilzeitungen ist dies wohl etwas einfacher.

 

Hilfreiche Adressen und  Literatur:

 

1.

Starthilfe zum Aufbau von Selbsthilfegruppen

Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. (DAG-SHG)

Ein Leitfaden

Bestellung: http://www.nakos.de/site/selbsthilfe/sh_gruppen/

 

 

2.

Gruppen im Gespräch

Gespräche in Gruppen

Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. (DAG-SHG)

Ein Leitfaden für Selbsthilfegruppen

Bestellung: http://www.nakos.de/site/materialien/nakos/ 

 

 

3.

NAKOS

Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen

Wilmersdorfer Str. 39

10627 Berlin

www.nakos.de

 

 

4.

KOSKON

Koordination für Selbsthilfe-Kontaktstellen in Nordrhein-Westfalen

Friedhofstr. 39

41236 Mönchengladbach

www.koskon.de

http://www.koskon.de/main.php?i=kiss

 

 

vergleichbare Stellen gibt es in anderen Bundesländern sowie zahlreiche örtliche und regionale Selbsthilfe- Kontaktstellen, meist mit der Abkürzung KISS http://www.koskon.de/ 

 

Die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen KISS Hamburg hat in einem Modellprojekt Qualitätskriterien entwickelt, die eine Zusammenarbeit von Krankenhäusern und Selbsthilfegruppen erleichtern und strukturieren sollen. Im Raum Hamburg wird dafür das  Qualitätssiegel „Selbsthilfe- freundliches Krankenhaus“ vergeben. Die 8 Kriterien und ihre Gewichtung sind im Internet einsehbar:

http://www.dag-selbsthilfegruppen.de/site/data/KISS_HH_QualitaetskriterienSiegel2006.pdf

 

Ich danke hiermit für die aktive und streitbare Teilnahme im Workshop 8 und hoffe, dass wir uns vielleicht beim nächsten Jahrestreffen in Elbflorenz wieder begegnen.

 

Viele Grüße

 

Hans-Peter

 

Den Teilnehmern des Workshops wurden folgende Dokumente zur Verfügung gestellt, die sie als PDF-Dateien downloaden können: